Systematic Zoology
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Ph.D. Thesis

Computerunterstützte 3D-Rekonstruktion des Fischgehirns und retinotectale Projektionen bei Anchovies (Engraulis encrasicolus)

Die europäische Sardelle Engraulis encrasicolus besitzt ein für Wirbeltiere ausgesprochen ungewöhnliches Sehsystem. Ihre Photorezeptoren unterstützen ein hochauflösendes Polarisationskontrastsehen. Im Gegensatz dazu weisen alle bisher diesbezüglich untersuchten Knochenfische ein Farbkontrastsehen auf.

Um das Sehen bei Knochenfischen verstehen zu können, muss zunächst der Aufbau des zentralen Sehsystems  (Nervus opticus und seine Projektionsgebiete im Gehirn) untersucht werden.

Im Rahmen dieser Studie soll eine möglichst perfekte und lückenlose Schnittserie eines in Epon A eingebetteten Sardellengehirns als originärer Strukturbefund und als Bezugssystem für die anschließenden Tracing-Studien dienen. Diese Schnittserie soll nach dem Anfärben zu einem neuroanatomischen Atlas zusammengefasst werden (ausgewählte 2D-Ansichten) und zudem mit der Rendering-Software AMIRA® 3D-Oberflächenmodelle aller relevanten Hirnbereiche erstellt werden.

Die innere Organisation der Sehnerven soll feinstrukturell und morphometrisch untersucht werden (Faltung des Sehnervs und retinotope Sortierung der Bahnen, Anzahl und Gruppierung der Axone etc.). Retinotectale- bzw. retinocerebrale Projektionen sollen mit membranlöslichen Fluoreszenzfarbstoffen (sogenannte DiX dys) untersucht werden. Der Fluoreszenzfarbstoff wird über Nervenbündel verschiedener Retinaareale (von einem oder beiden Augen) über den Sehnerv bis ins Gehirn verfolgt. Die angefärbten Gehirnareale werden 2-Photonen lasermikroskopisch erfasst und lassen im Zusammenhang mit den 3D-Modellen und dem 2D Atlas Rückschlüsse auf die primären Verschaltungsorte im ZNS, auf parallele Verarbeitung visueller Informationen im Allgemeinen und auf retinotope Verschaltungsregeln zu.

In einem weiteren Schritt soll die Histologie und Feinstruktur des Tectum opticum dargestellt werden. Wie schon die Netzhaut ist dieses primäre visuelle Projektionsgebiet im ZNS geometrisch sehr regelmäßig aufgebaut (radiale Schichtung, horizontale Sortierung). Hoch aufgelöste Bilder von Vorzugsebenen oder im besten Fall die 3D-Rekostruktion auf TEM-Niveau (Ultradünnschnittserie oder FIB-FESEM) erlauben die Ermittlung konkreter synaptischer Konnektivitäten und stellen damit einen wichtigen Schritt zum neuroanatomischen Verständnis des Polarisationskontrast-Mechanismus dar.

Die Fähigkeiten des Farb- bzw. Polarisationskontrastsehens bei Fischen sollte sich im Aufbau der Gehirne wiederspiegeln. Eine Gegenüberstellung in Bezug auf Histologie und Anatomie erlaubt uns, Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen und zu vergleichen. Eventuell lassen sich dadurch neue Verwandtschaftsverhältnisse der Fische untereinander ableiten.